Sonntag, 20. September 2020

Meine 38. Kalenderwoche (Quarantäne à la Kafka)

 Sa, 12.09., 16:05 Uhr

Der Schulleiter informiert mich über einen positiv getesteten Schüler, den ich unterrichtet habe, und teilt mir mit, dass ich Zuhause bleiben muss. Von ihm erhalte ich einen Brief vom Gesundheitsamt mit der Bitte den Kontakt zu beschreiben. Diese Beschreibung schicke ich um 16:44 Uhr an die zuständige Ärztin im Gesundheitsamt H.

Mo, 14.09., 13:20 Uhr

Die Ärztin vom Gesundheitsamt U ruft mich an und teilt mich nach unserem Gespräch, in dem ich meinen Kontakt zu dem positiv getesteten Schüler beschreibe, in Kategorie 2 ein. Ich dürfe wieder arbeiten gehen.

Di, 15.09., 12:30 Uhr

Die Ärztin vom Gesundheitsamt H ruft mich an, um meinen Kontakt zur erkrankten Person zu erfragen. Offensichtlich hat sie meinen Bericht nicht gelesen. Sie kann auch nicht verstehen, dass der Schüler in meinem Unterricht Maske getragen hat, weil die anderen Lehrkräfte gesagt haben, er hätte keine getragen. Sie kann sich nicht für eine Kategorie entscheiden und schließt das  Gespräch mit der Aussage, der Schulleiter werde mich weiter informieren.

Mi, 16.09., 11:30 Uhr

Eine zweite Ärztin vom Gesundheitsamt U ruft mich an. Nach einem Gespräch teilt sie die Ansicht ihrer Kollegin. Ich nehme an der Reihentestung des Gesundheitsamtes H teil. Bei den Kolleg(inn)en weicht in den meisten Fällen die Einschätzung des Gesundheitsamtes vom Wohnort von der des Gesundheitsamtes des Schulstandorts ab.

Do, 17.09., 17:05 Uhr

Ich lade den Laborbefund mit dem negativen Testergebnis herunter und leite ihn an die Schulleitung weiter.


 

Do, 17.09., 19:10 Uhr

Der Schulleiter ruft mich  an, um zu fragen, ob ich eine offizielle Entbindung von der Quarantäne erhalten hätte. Ich verneine das, sage ihm auch, dass ich zu keiner Zeit vom Gesundheitsamt H eine abschließende Entscheidung erhalten hätte. Er schreibt eine Email ans Gesundheitsamt H.

Do, 17.09., 20:40 Uhr

Eine Kollegin schreibt mir, dass sie am Freitag wieder in die Schule darf.

Do, 17.09., 23:30 Uhr

Ich kann vor Ärger über die mangelnde Kommunikation seitens des Gesundheitsamts H nicht schlafen und schreibe beide Amtsärztinnen an und informiere sie über das Laborergebnis. Das Gesundheitsamt U bitte ich um Erlaubnis, jetzt wieder arbeiten gehen zu dürfen. Das Gesundheitsamt H fordere ich auf mir offiziell mitzuteilen, in welche Kategorie ich aufgrund welcher Tatsachen und Vorschriften eingeordnet wurde.

Fr, 18.09., 09:59 Uhr

Anruf der Ärztin aus H. Ich kann wegen meiner fünf Fortbildungsmodule, die ich von Zuhause für das Kollegium halte, erst in der Pause zurückrufen. Nach längerem Hin und Her wird deutlich, dass die Ärztin immer noch nicht verstanden hat, dass Schüler sich in jeder Unterrichtsstunde anders verhalten hat und der Schüler seine Maske trug, weil ich ihn darum gebeten hatte. Sie lässt sich meinen Kontakt erneut schildern. Wir sprechen über unsere Kommunikation und wie ich mich fühle und sie beschreibt, wie viel sie zu tun hat.

Fr, 18.09., 10:46 Uhr

Die Ärztin aus H will erneut mit mir über meinen Kontakt sprechen. Am Ende des Gesprächs sagt sie mir, dass mein Wohnort für mich zuständig sei.

Fr, 18.09., 10:50 Uhr

Die Ärztin aus H bittet per Email erneut um die Beschreibung meines Kontakts mit dem Schüler. Ich leite um 11:20 Uhr meine Email von Samstag mit der Kontaktbeschreibung weiter.

Fr, 18.09., 11:10 Uhr

Das Gesundheitsamt U bestätigt per Email, dass ich Kategorie 2 bin und nicht unter Quarantäne stehe.

Fr, 18.09., 11:27 Uhr

Die Ärztin aus H informiert mich per Email, dass wir am Samstag nicht telefoniert hatten. Danke, ja, das wusste ich schon.

Fr, 18.09., 12:16 Uhr

Ich schicke der Ärztin aus H mein ausgefülltes Kontaktformular erneut – sicherheitshalber mit dem Hinweis, dass man in der Datei nach unten scrollen muss, um meinen Bericht zu lesen.

Fr, 18.09., 14:09 Uhr

Email vom Schulleiter. Das Gesundheitsamt in H hat entschieden, dass die Gesundheitsämter der Wohnorte zuständig sind und offensichtlich auch über die Lehrkräfte entscheiden dürfen. Somit gilt meine Einstufung in Kategorie 2 und ich darf am Montag wieder zur Arbeit gehen, soll aber noch an einer zweiten Reihentestung teilnehmen.

Information:

verlinkt: https://karminrot-blog.de/2020/09/19/vergesslich-echt-jetzt-samstagsplausch-38-20/

7 Kommentare:

  1. Wow das liest sich wie ein Krimi, Verantwortung will da niemand tragen. Die Zuständigkeit scheint nicht vorhanden. Wie fühlst du dich eigentlich dabei?
    L G Pia

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    1. Hallo Pia,

      ich mochte schon das Homeoffice während der Schulschließung nicht und habe prompt Halsschmerzen bekommen (also ein Corona-Symptom). Ich fühlte mich zwischen den Fronten und machtlos, allerdings habe ich dann ja vermutlich durch meine nächtlichen Emails zur Entscheidung beigetragen.
      Vielen Dank und viele Grüße
      Sandra

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  2. Kaum zu fassen. Die Hauptsache, dass sich die Politik in die Brust wirft und zufrieden ist... ein regelrechter Alptraum. Viel Kraft wünsche ich Dir.

    Spätsommerliche Grüße von Heidrun

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    1. Hallo Heidrun,

      es ist ja auch doof, wenn zwei Standorte involviert sind. Allerdings sollte dann die Regel Wohnort ist zuständig entscheiden oder die beiden Ämter sollten miteinander sprechen. Am schlimmsten war wirklich diese fehlende Mitteilung der Entscheidung. Doch morgen gehe ich wieder arbeiten.
      Viele Grüße
      Sandra

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  3. Himmel, da hat Behörde ja wieder mal total gezeigt, was sie kann. Weiterhin starke Nerven und alles Gute wünscht Sabine

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    1. Hallo Sabine,

      die Woche hatte es in sich. Ich hoffe, dass wir die Frage der Zuständigkeit jetzt endgültig geklärt haben.
      Viele Grüße
      Sandra

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  4. Ui, zum Glück ist Corona so gefährlich, sonst würde man sich ja ärgern. ;-) Liebe Grüsse zu dir. Regula

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